Kurze Bewertung einiger Textverarbeitungsprogramme im Hinblick aufs Drehbuchschreiben
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Word ist seit vielen Jahren der Platzhirsch unter den Textverarbeitungsprogrammen und der Quasi-Standard in vielen Büros. Die von Word verwendeten Dateiformate DOC und DOCX sind die meistverwendeten weltweit. Wer fertige Vorlagen und Add-Ins nutzen will, findet diese meist nur für Word und nicht für andere Textverarbeitungsprogramme. Dasselbe gilt auch für VHS-Kurse, Tutorials und Anleitungsbücher, wo Word aufgrund seiner marktbeherrschenden Stellung einen uneinholbaren Vorsprung hat. Die hohe Verbreitung hat dazu geführt, dass manche Gelegenheitsanwender gar nichts Anderes kennen und das Thema Textverarbeitung mehr oder weniger mit Word gleichsetzen.
Word ist in der heutigen Fassung ein ordentliches Allround-Textprogramm, mit dem man alle Alltags-Schreibaufgaben und auch das Schreiben von Drehbüchern gut meistern kann. Es ist qualitativ auf Augenhöhe mit der Konkurrenz,
aber immer noch vergleichsweise teuer (es sei denn, man kauft eine Lizenz bei einem dubiosen Zwischenhänder, der sich in einem rechtlichen Graubereich bewegt).
Die seit Version 2007 verwendete "Ribbon"-Bedienoberfläche ist bis heute umstritten:
Die meisten Nutzer haben sich inzwischen daran gewöhnt, aber manche Alt-Nutzer
trauern noch immer der früheren (übersichtlicheren) Menüstruktur nach.
Der Funktionsumfang des Programms geht weit über das hinaus, was zum Drehbuchschreiben nötig ist. Für Drehbuch-Zwecke etwas unglücklich gelöst ist die Speicherung der Tastaturkürzel in hierarchisch verwendeten Vorlagen; wer seine Drehbücher nicht nur auf einem einzelnen Computer bearbeitet (z. B. im Wechsel auf Desktop und Notebook), muss ein paar Vorkehrungen treffen.
Man liest gelegentlich von Schwächen und Fehlern in Word, wenn es ums Bearbeiten sehr umfangreicher Texte
und ums Einbinden vieler Bilder geht; das
gilt aber nur für wirklich sehr umfangreiche Dokumente (z. B. wissenschaftliche
Arbeiten) und trifft nicht auf Drehbücher zu, die ja selten länger als 150 Seiten werden und dabei weder Grafiken noch Fußnoten enthalten.
Microsoft Word ist als Teil von Microsoft 365 (ehemals Microsoft Office) für Windows und Mac erhältlich. Nutzungslizenzen gibt es
heute insbesondere als Abo, aber es werden auch noch Kaufversionen angeboten.
Außerdem wird nach privater und kommerzieller Nutzung unterschieden (etwa die
beliebten "Home & Student"-Versionen dürfen nicht zu beruflichen Zwecken genutzt werden).
Lizenzen für kommerzielle Nutzung kosten stets mehr.
Zusätzlich gibt es eine
Online-Version sowie mobile Versionen für Android, iOS und iPadOS.
Aus dem kommerziellen StarOffice ging vor Jahren eine Open-Source-Variante namens OpenOffice hervor, die seither von Freiwilligen weiterentwickelt wird. Nach einem internen Streit abgespalten hat sich LibreOffice. Beide Varianten entwickeln sich langsam auseinander,
wobei die Entwicklung von LibreOffice inzwischen klar vorn liegt. Der Einfachheit halber nenne ich ab jetzt nur noch LibreOffice.
Es handelt sich um ein komplettes Office-Paket für Windows, Mac und Linux. Fürs Drehbuchschreiben interessant ist jeweils die Textverarbeitung namens Writer. LibreOffice verwendet standardmäßig das herstellerübergreifende Textformat ODT (Open Document Text), das nach den Microsoft-Formaten heute die weiteste Verbreitung hat und z. B. Standard in vielen europäischen Behörden ist. Man kann wahlweise auch in anderen Formaten wie DOCX speichern, um zu Word kompatibel zu bleiben.
Dabei gehen einige Formatierungsdetails verloren, die für komplexere Layouts
wichtig sein können. Aber zumindest im Hinblick auf Drehbücher
spricht nichts dagegen, im Format DOCX zu speichern.
Die Bedienoberfläche ähnelt nach wie vor den älteren Word-Versionen vor 2007.
Einige Entwickler planen allerdings, als Alternative auch eine Ribbon-Oberfläche zu entwickeln, die den neueren Word-Versionen nachgebildet werden soll.
Vom Funktionsumfang her ist LibreOffice Writer mit Microsoft Word vergleichbar. Es hat hier ein paar Funktionen mehr, dort ein paar Funktionen weniger; fürs Drehbuchschreiben sehe ich keinen Unterschied. Die Speicherung der Tastaturkürzel in einer separaten Datei ist für Drehbuchschreiber etwas praktischer als die hierarchische Lösung in Word.
Einen klaren Nachteil zeigt LibreOffice, wenn es um die mitgelieferte Rechtschreibprüfung und automatische Silbentrennung für die deutsche Sprache geht; die Lösungen der kommerziellen Anbieter sind hier zuverlässiger.
Die nicht-kommerzielle Entwicklung durch Freiwillige ist gleichzeitig Stärke und Schwäche von LibreOffice Writer: Einerseits ist die Software dadurch dauerhaft kostenlos für private und gewerbliche Nutzung; dies erspart auch
nervige Lizenzierungs- und Aktivierungs-Vorgänge. Andererseits geht die Weiterentwicklung schleppender voran als in den kommerziellen Softwarehäusern.
Die Textverarbeitung TextMaker ist Teil von
SoftMaker Office und stammt aus Deutschland. Im Gegensatz zu Word und LibreOffice Writer ist TextMaker ein eher schlankes Programm, das weniger Platz auf der Festplatte braucht. Es startet schnell, läuft stabil und wird auch beim Bearbeiten umfangreicher Dokumente nicht allzu langsam. Der Funktionsumfang kann nicht ganz mit den beiden Vorgenannten mithalten, aber fürs Drehbuchschreiben ist
längst alles Gewünschte vorhanden.
Die klassische Bedienoberfläche ähnelt der von älteren Word-Versionen oder der von LibreOffice.
Seit SoftMaker Office 2018
kann man wahlweise auch eine Ribbon-Oberfläche nutzen, die der von neueren Word-Versionen nachgebildet ist.
Nun kann jeder Nutzer selber entscheiden, welche Oberfläche er bevorzugt. (Die
Ribbons sollen gewohnten Word-Nutzern den Umstieg erleichtern.)
TextMaker bietet einen für Drehbuchzwecke recht brauchbaren Export für EPUB-Dateien (wenn man ein paar Dinge beachtet). Wer die Pro-Version kauft oder das NX-Universal-Abo abschließt, bekommt als wertvolles Extra den eingebauten Duden-Korrektor für Rechtschreibprüfung und Silbentrennung.
Mit Version 2018 wurde die Unterstützung für das Format DOCX deutlich verbessert und seine praktische Nutzbarkeit erhöht. Insbesondere werden auch die Tastaturkürzel mitgespeichert, so dass man für Drehbuchzwecke (und auch die meisten anderen Zwecke) problemlos DOCX als Standardformat nutzen kann. Das ist ein großer Fortschritt für die Archivierung und auch für den Austausch mit anderen Programmen. Das Textmaker-eigene TMDX-Format benötigt man nur in wenigen Ausnahmefällen (sehr spezielle Formatierungen, die nicht in DOCX gespeichert werden können - darunter nichts, was uns als Drehbuchautoren interessiert).
Seit Version 2021 ist SoftMaker Office für Windows, Linux und Mac erhältlich.
Man darf die Lizenzen nun flexibel für alle drei Desktop-Betriebssysteme nutzen (wenn man
z. B. auf dem Desktop unter Windows und auf dem Notebook unter macOS arbeitet).
Man kann immer noch Kaufversionen erwerben. Zusätzlich existiert unter dem Namen
SoftMaker Office NX auch eine Abo-Variante mit etwas erweitertem
Funktionsumfang. Unter dem Namen FreeOffice
wird eine komplett kostenlose Variante angeboten;
sie hat gegenüber den Bezahlversionen gewisse Funktionseinschränkungen, aber für die Drehbucharbeit reicht sie aus.
Mittlerweile sind auch Versionen für Android, iOS und iPadOS
(Smartphones/Tablets) erhältlich. Die meisten Funktionen sind kostenlos nutzbar,
sodass man Drehbücher ohne weitere Kosten unterwegs bearbeiten kann. Nur für ein
paar Zusatzfunktionen wie Drucken, PDF-Export und EPUB-Export braucht man ein
Abo (einzeln buchbar über den jeweiligen Store oder inklusive bei bestehendem
NX-Abo).
Alle Versionen - auch die kostenlosen - sind für gewerbliche Nutzung freigegeben.
Als Käufer eines Mac oder MacBook kann man sich die Textverarbeitung
Pages als Teil des Office-Paketes iWork
herunterladen. Es gibt auch eine iOS-Version sowie die Möglichkeit, über die
iCloud auf das Programm als Online-Version zuzugreifen. Die Verteilung als "kostenlose Beigabe" verschafft dem Programm eine hohe Verbreitung
unter Apple-Nutzern. Wer keine allzu speziellen Ansprüche an eine
Textverarbeitung stellt und auch nicht die vollständige
Dokument-Austauschbarkeit mit Microsoft Word benötigt, kommt mit Pages sehr gut
aus. Pages erfüllt sogar eine Doppelfunktion, da man auf einen Layoutmodus
umschalten kann und damit die Funktionalität eines kleines DTP-Programmes
bekommt.
Wenn es um den Funktionsumfang im Textverarbeitungsmodus geht, muss
man Pages ein bisschen hinter Word, LibreOffice/OpenOffice und TextMaker
einordnen. Zum Drehbuchschreiben ist dennoch alles Nötige vorhanden: Man kann Absatzvorlagen und Zeichenvorlagen nutzen, und man kann diesen
Vorlagen F-Tasten zuordnen (leider keine anderen
Tasten/Tastenkombinationen).
Als Einschränkung mag man empfinden, dass es in Pages keine
Vorlagen-Hierarchie gibt, sondern jede Vorlage nur für sich selbst steht. Wenn
man z. B. die Schriftart für ein ganzes Drehbuch ändern will, genügt nicht die
Änderung einer übergeordneten Vorlage; stattdessen muss man die Schriftart in allen
benutzten Absatzvorlagen einzeln ändern. Wenn man häufiger die Gesamt-Schriftart
ändern will, kann das etwas nervig sein. Macht man das nur selten, ist es kein
großes Problem.
Gespeichert wird in einem eigenen Format mit der Dateiendung
.pages. Es gibt derzeit keine andere Textverarbeitung, die dieses Format lesen
kann. Sollen Drehbücher mit einer anderen Software weiterbearbeitet werden,
müssen sie als DOCX oder DOC exportiert werden. Standardmäßig gleich in DOCX speichern
ist nicht vorgesehen; es wäre fürs Drehbuchschreiben ohnehin unbefriedigend, weil die Belegung der
F-Tasten (zur Anwahl der Absatzvorlagen) dabei verloren geht.
Es gibt in
Pages einen gut funktionierenden PDF-Export. Es gibt auch einen EPUB-Export; der
ist allerdings nicht konfigurierbar und für Drehbücher noch ungeeignet.
Die
Bedienung von Pages ist stellenweise gewöhnungsbedüftig - zumindest für
Anwender, die von klassischen Textverarbeitungsprogrammen kommen. Die offizielle
Dokumentation in Form einer Onlinehilfe ist dürftig und bezieht sich
schwerpunktmäßig auf die Anwendung der mitgelieferten Vorlagen. Man muss sich
die Bedienung der Textverarbeitungs-Funktionen also selbstständig nach dem
Prinzip "Versuch und Irrtum" erarbeiten. Hat man den Einstieg erst mal geschafft
und kann man mit den genannten Einschränkungen leben, erweist sich Pages jedoch
als gute Allround-Textverarbeitung und eignet sich auch gut zum
Drehbuchschreiben.
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Autor: Andreas Beitinger
Letzte Änderung: September 2024